Zu Besuch in der Erzdiözese Belgrad - 17. Juli 2019
In Belgrad, der Hauptstadt Serbiens, trifft Ökumera Stanislav Hocevar. «Durch die Jahrhunderte ergab sich eine vielfältige Geschichte», erklärt Stanislav Hocevar. «Heute leben etwa acht Millionen Menschen in Serbien. Die meisten von ihnen sind Serben, die orthodox sind.» Diese Konfession feiert 2019 das 800-Jährige Bestehen. «Daneben gibt es verschiedene Minderheiten, rund 20 Prozent. Fünf Prozent der Serben sind katholisch.»
Besonders die im Land lebenden Ungaren, Kroaten, Slowaken, Bulgaren Rumänen und Tschechen. «Ich selber stamme aus Slowenien, aus der jugoslawischen Zeit leben viele Slowenen hier.» In Serbien bestehen fünf Diözesen sowie eine im Kosovo. Viele leben im Norden von Serbien, in Wojwodina. «Dieser Landesteil gehörte früher zur österreichisch-ungarischen Monarchie.»
Verschiedene Sprachen und Kulturen
«Wir gehören zu verschiedenen Sprachen, Kulturen und Riten.» Hier ist auch die Grenze zwischen Ost und West. «Und darum waren hier in Serbien immer wieder grosse Kontakte zwischen Orthodoxen und Katholiken. Es gab auch Konflikte, denn fast 500 Jahre lebten hier auch die Ottomanen.»
Nun habe man die spezifische Rolle Versöhnung zu fördern, neue Kontakte zu schaffen «und ich probiere mich besonders für die Versöhnung der Leute und die Einheit der Christen. Ich habe regelmässige Kontakte mit der serbisch-orthodoxen Kirche. Es sind gute Beziehungen. Aber wir müssen noch weiter diese schreckliche Geschichte besser studieren und eine bessere Zusammenarbeit finden.»
«Einige unserer Priester, besonders hier aus Belgrad, hatten regelmässige Kontakte mit der Diözese der Schweiz gehabt.» Sie wurden auch von der Schweiz aus unterstützt.
Friedensstifter-Rolle
Die serbische, katholische Kirche ist in einer Friedensstifter-Rolle. «Wir leben in diesen Brücke zwischen Ost und West. Hier leben viele Minderheiten. Und weil – das muss man sehr stark betonen – zwischen Ost und West gibt es verschiedene Mentalitäten.» Deshalb müssen man zusammenkommen. Die Interpretation der Geschichte sei höchst unterschiedlich. «Besonders weil so viele Konflikte geschehen sind, gerade im früheren Jugoslawien. Viele Menschen aus ganz Europa oder der ganzen Welt dachten, dass es ein jugoslawisches Volk ist. Aber es leben hier viele verschiedene Nationalitäten, auch in Serbien: Slowenen, Kroaten, Mazedonier, Albaner, Montenegriner, Ungaren und so weiter.» Es gehe darum zusammenzukommen, «damit wir in Zukunft als versöhnte Gemeinschaft leben können.»
Interesse an Glaube nach post-atheistischer Zeit gross
Auch in der Zeit des Kommunismus nach dem Zweiten Weltkrieg war die Situation unterschiedlich. In den heute katholischen Ländern des früheren Jugoslawien hatten sich die Bischöfe für den Katechismus starkgemacht. «In Serbien war das aber fast nicht möglich. Deshalb war hier eine grosse Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche.»
Nach dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien und des Kommunismus «lassen sich die Leute hier in Serbien wieder Taufen und sie sind stärker mit der Orthodoxen Kirche verbunden und sie kommen zahlreicher in die Kirche. Die Prozentzahl jener, die in die Kirche geht, ist aber nicht sehr hoch, aber alle sagen, dass sie orthodox sind. Der Besuch ist bei uns Katholiken grösser.» Allerdings seien die Katholiken weit über das Land verstreut und so könne man die Messe nicht überall anbieten.
«Alle gehören zu einer Kirche»
Der Glaube werde positiv gewertet, «alle gehören zu einer Kirche.» Das bedeute aber nicht, dass alle aktiv praktizieren. «Daraus entstand leider auch der Gedanke, dass ein Serbe orthodox sein muss und ein Kroate katholisch. Das ist nicht immer gut, weil das mehr zu einer Ideologie wird und nicht zu einem authentischen Glauben.»
Auf dieser Ebene gelte es noch viel zu arbeiten, «damit die Menschen aus freiem Willen zum Glauben kommen und nicht nur aus traditionellen Ursachen.» Das sei manchmal ein Problem, weil die Leute nur die Zugehörigkeit verspüren ohne zu wissen, was es heisst, orthodox oder katholisch zu sein. Deshalb sollen die Laien besser ausgebildet werden.
«Wir fühlen uns etwas vergessen»
Besonders in Belgrad seien die Katholiken sehr arm. «Im Norden sind die Katholiken besser organisiert. Hier sind es mehr Arbeitsbesucher, die nicht viele andere Möglichkeiten haben. Nun haben wir die Aufgabe, unsere Leute so gut wie möglich zu versammeln und sie weiterzubilden und besser in die Kirche einzugliedern. Aus der Zeit des Kommunismus ist hinterblieben, dass ein Leiter die Hauptrolle haben und man selbst nicht viel Initiative und Verantwortung übernimmt.» Nun versuche man die Leute auch pastoral besser einzubinden. «Das Pastoralzentrum konnte nicht renoviert werden, es wäre gut, wenn die weltweiten Katholiken zusammenstehen könnten. Aus verschiedenen politischen Ursachen spricht man in Europa nicht viel über die Katholiken in Serbien. Wir fühlen uns etwas vergessen.»